Abstieg ins Unbekannte

Im Mai war es soweit. Mit der Hilfe der Abwasser- und Kanal- Fachleute des Krefelder Kommunalbetriebs AöR sind wir in das vergessene Kanalsystem des Klärwerks abgestiegen. Ein Abenteuer der etwas anderen Art, denn wer hat schon mal die Gelegenheit im historischen Untergrund einer denkmalgeschützten Kläranlage die Kanäle, die vor über 111 Jahren errichtet wurden und seit Jahrzehnten geschlossen sind, zu untersuchen?

Kanalarbeit

Volle Schutzausrüstung samt Messgeräten und Selbstrettern waren angesagt. Dann ging es durch den alten Revisionsschacht hinunter in den Bauch des Klärwerks.

In den Kanälen war alter Schlamm unbekannter Herkunft erhalten. Ein Grund könnte sein, dass der Teil der Anlage das ehemalige Hochwasserpumpwerk war, das 1970 ausser Betrieb ging. Die Stadt Krefeld hatte eine neue Anlage direkt am Rheinufer erbaut und diese sollte dann später das gereinigte Abwasser der neuen Kläranlage am Elfrather See in den Fluss pumpen. Ob man damals den Schlamm im ersten Klärwerk vergessen hatte, oder am Ausfluss der historischen Kläranlage in den alten Hauptkanal zum Rhein eine Undichtigkeit vorlag, ist bisher unbekannt. Die Bewegungsfreiheit für uns Kanalforscher war jedenfalls eingeschränkt und wir konnten uns nur mühsam durch die Ablagerungen kämpfen.

tief schwarzer aber dafür fast gar nicht riechender Schlamm

Wir drangen vom Revisionsschacht in zwei Richtungen vor. Zuerst in Richtung Hochwasserpumpwerk und Ausflusskanal. Der Kanal selbst ist über 2m hoch, rund 2m breit und im unteren Teil mit gebrannte Tonziegeln ausgekleidet. Er ist im Fuß offenbar eben und nicht gewölbt angelegt.

vorsichtiges Vortasten

Nach gut 10m erreichten wir einen der beiden Schieber die den Pumpensumpf, aus dem damals die Kreiselpumpen das Abwasser abgesaugt hatten, verschlossen. Der Schieber ist erhalten und steht in der geschlossenen Stellung.

Kettenzüge im Hochwasser Pumpwerk (Archivbild)

Der Antrieb bzw Kettenzug des Schiebers ist oberirdisch in der Pumpenhalle gewesen, aber nicht erhalten. Im Untergrund sehen die Schieber dann so aus:

geschlossener Schieber

Interessanterweise ist der untere Teil der Kette, wenn auch stark korrodiert, erhalten. Von hier aus führt der Ausfluss-Kanal in einem weiten Bogen bis zum Hauptkanal zum Rhein.

Am Ende des Teilstücks ist eine halbrunde Struktur zu erkennen, auf dem Foto sieht es fast wie ein halb offener Schieber aus, unten im Kanal haben wir dies gar nicht bemerkt und sind aufgrund des Schlamms auch dieses mal noch nicht weiter vorgedrungen.

Zurück und auf die andere Seite des Revisionsschachtes ging es als nächstes. Dort haben wir ein Vereinigungsbauwerk entdeckt, in dem zwei der drei Kanäle der Klärhalle zusammen strömten.

Vereinigungsbauwerk

Im linken Teil ist im Hintergrund eine unterbrochene Verfüllung und dann einer der gemauerten Rundbögen des Endes der Klärbecken zu erkennen. Wir konnten aufgrund des piepens der Messgeräte erst mal nicht weiter vordringen um über die Mauer dort zu blicken. Rechts ist der Kanal jedenfalls nach ein paar Metern verfüllt.

Die Klärbecken sind zur Zeit mit den Betonrampen der Umnutzung als Abwasserpumpwerk verfüllt. Aber der Denkmalschutz hat 1976 vor dem Umbau einige Fotos gemacht, hier sieht man das Ende der Klärbecken und die runde Vermauerung.

Nach dieser zumindest zum Teil erfolgreichen Mission beschlossen wir, zuerst mehr Schlamm aus den Kanälen zu entfernen. Die Frage ist aber noch, wann und wie. Danach können wir genauer die jeweiligen Enden der Kanäle untersuchen.

Glückauf